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DIE "VERZOGENE" BREMSSCHEIBE UND ANDERE MYTHEN DER

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  • DIE "VERZOGENE" BREMSSCHEIBE UND ANDERE MYTHEN DER

    von Carroll Smith
    aus dem Englischen übersetzt von msx2plus, Deutschland
    MYTHOS NUMMER 1: BREMSEN RUBBELN UND VIBRIEREN AUFGRUND VON SCHEIBEN, DIE SICH BEI ÜBERMÄßIGER HITZE VERZOGEN HABEN.

    Der Begriff "verzogene Bremsscheibe" wird im Motorsport seit Jahrzehnten gerne verwendet. Wenn ein Fahrer davon berichtet, daß Vibrationen bei starken Bremsungen auftreten, diagnostiziert unerfahrenes Personal häufig "verzogene Bremsscheiben", nachdem Risse zwar gesucht aber nicht gefunden wurden. Die Dicke der Scheibe wird dann an mehreren Stellen vermessen, man erhält auch deutlich unterschiedliche Meßwerte und damit wird die Diagnose "in Stein gemeißelt".

    Als es zum ersten Mal Scheibenbremsen für Hochleistungsfahrzeuge gab, haben wir auch von verzogenen Bremsscheiben bei Straßenfahrzeugen gehört, was auf der selben Analyse und Diagnose basierte. Typischerweise wurden die Scheiben nachbearbeitet, um das Problem zu beseitigen und, ebenso typisch traten Rubbeln und Vibrationen nach relativ kurzer Zeit wieder auf. Bremsen-Rubbeln hat bei einer großen Anzahl von Autos dazu geführt, daß sie vom Hersteller zurück gekauft wurden wegen der "Lemon Laws" (Zitronen-Gesetze?) So geht das seit Jahrzehnten und wie so oft bei Dingen, die in Stein gemeißelt sind war die Diagnose falsch.

    Ich selber habe in 40 Jahren Profi-Rennsport noch nie eine verzogene Bremsscheibe gesehen, jedoch unter der Annahme, daß die Radflansche eben sind und in sich in gutem Zustand befinden und daß sich ferner die Radschrauben oder sonstigen Befestigungsteile ebenfalls in gutem Zustand befinden und auf die korrekte Art mit der richtigen Reihenfolge und dem vorgeschriebenen Drehmoment angezogen sind. Dafür habe ich viele gerissene Scheiben (BILD 1) gesehen, solche, die sich bei Betriebstemperatur in flache Kegel verwandelt hatten, weil sie sehr steif an ihren Flanschen befestigt waren (BILD 2), einige bei denen die Reibungsfläche zwischen den inneren Radialstegen zusammengebrochen war (BILD 3) und unzählige Exemplare, bei denen das Material der Beläge ungleichmäßig auf der Reibfläche verteilt war - seltener sichtbar als unsichtbar. (BILD 4)

    In Wahrheit hat sich jede angeblich verzogene Scheibe als eine solche wie im letzten Fall beschrieben entpuppt. Diese ungleichmäßige Ablagerung hat Unebenheiten oder Beschädigungen wegen örtlicher Überhitzung zur Folge.

    Um zu verstehen, was hier los ist, werden wir einen kurzen Exkurs in das Naturell der Verzögerungskraft einer Scheibenbremsanlage unternehmen.

    DAS PHÄNOMEN DER BREMSREIBUNG
    Reibung ist ein Vorgang, der Bewegungsenergie in Wärme umwandelt. Ebenso wie bei der Reibung zwischen Reifen und Fahrbahn, die von Kohäsion und Adhäsion des Gummis auf der Fahrbahn geprägt ist, gibt es zwei sehr verschiedene Arten der Bremsreibung: Abnutzung und Anhaftung. Im ersteren Fall lösen sich die kristallinen Strukturen sowohl der gußeisernen Scheibe als auch des Bremsklotzbelags. Beim ständigen Aufbrechen dieser Bindungen (häufiger im Belag und weniger in der Scheibe) entsteht Wärme. Dabei nutzt das härtere Material das weichere ab (hoffentlich die Scheibe den Belag). Bremsklotzbeläge, die hauptsächlich auf Abrasion ausgelegt sind, nutzen sich schnell ab und zeigen Fading bei hohen Temperaturen. Wenn diese Beläge ihre Temperaturgrenze erreichen, werden sie in ungleichmäßiger und willkürlicher Manier Teile ihres Materials auf der Scheibe ablagern. Und genau das, was da von der Scheibenoberfläche "aufgesammelt" wird, verursacht die unterschiedlichen Meßwerte der Scheibendicke und das Rubbeln oder Pulsieren beim Bremsen, von dem die Fahrer berichten.

    Bei der Anhaftungs-Reibung diffundiert ein Teil des Belagmaterials durch die Grenze zwischen Klotz und Scheibe, wobei eine sehr dünne, gleichmäßige Schicht aus Belagmaterial auf der Oberfläche der Bremsscheibe gebildet wird. Da nun beide Reibflächen mehr oder weniger aus dem selben Material bestehen, können Partikel diese Grenze in beide Richtungen überschreiten und Bindungen können aufbrechen oder neu entstehen. Dieser Prozeß findet immerfort statt, weil die Grenze an sich zwischen der Klotz- und der Belagoberfläche einen fließenden Übergang darstellt.

    Beim Bremsen gibt es keine Reibung die allein aus Abnutzung oder Anhaftung entsteht. Bei vielen heutigen Belagzusammensetzungen muß sich das Material genug abnutzen können, um die Scheibenoberfläche glatt und sauber zu halten. Da es sich um eine Materialübertragung handelt, wird die Schicht auf der Scheibe ständig erneuert und gleichmäßig gehalten - aber nur solange die Teile korrekt zusammengebaut sind oder bis die Temperaturobergrenze des Belags überschritten wird. Im ersteren Fall kann es bei überhöhten Temperaturen zu unkontrollierten Materialübertragungen kommen, wenn die Schicht auf der Scheibe zuvor nicht unter "normalen" Umständen gebildet wurde. Die alten organischen und halb-metallischen Beläge haben mehr Abnutzungs-Reibung gezeigt und waren daher in ihren Hochtemperatur-Eigenschaften stark eingeschränkt. Alle Beläge der aktuellen Generation aus "metallischem Karbon" sind auf anhaftende Reibung ausgelegt, was sowohl für die im Rennsport als auch bei höherwertigen Straßenfahrzeugen verwendeten Klötze zutrifft. Diese kommen mit einer wesentlich größeren Temperaturspanne zurecht. Leider gibt es nichts umsonst und so kommt es, daß diese Hochleistungs-Rennbeläge bei den niedrigen Temperaturen, die im normalen Straßenverkehr auftreten, unwirksam sind.

    Es gibt ihn also nicht - den idealen Allround-Bremsklotz. Das Reibungsmaterial, das bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen im Stadtverkehr ordentlich und leise funktioniert wird das scharf gefahrene Fahrzeug nicht zum Stehen bringen. Wenn Sie versuchen sollten, mehrere Autos mit Erstausrüster-Belägen schärfer zu fahren, wird es zu Fading, Belagabnutung und siedender Flüssigkeit kommen. Punktum. Der echte Rennbremsklotz wird unter normalen Bedingungen starke Geräusche machen und bei niedrigen Temperaturen nicht gut funktionieren.

    Idealerweise sollten wir unsere Bremsklötze wechseln, bevor wir uns in waghalsige Fahrmanöver stürzen um zu vermeiden, daß wir uns mit kreischenden Bremsen, die das Auto nicht wirklich verlangsamen herumärgern müssen oder aber daß wir auf der Rennstrecke mit Fading zu kämpfen haben oder mit zu hoher Geschwindigkeit einen Abhang herunter kommen. Diesen Wechsel macht aber niemand. Die Frage bleibt: welche Beläge sollten in Hochleistungs-Straßenfahrzeugen verwendet werden? Niedertemperatur-Straßen-Klötze oder Hochtemperatur-Rennbremsklötze? Meine Ansicht ist ziemlich eigenartig: ein Hochleistungs-Straßen-Klotz mit guten Niedertemperatur-Eigenschaften. Die Begründung ist einfach: Wenn wir wirklich scharf fahren und uns langsam aber sicher mit Bremsfading, siedender Flüssigkeit oder beidem in Gefahr begeben, dann entstehen diese Zustände langsam genug, daß wir unsren Fahrstil entsprechend anpassen können, um das Problem zu kompensieren. Sollte auf der anderen Seite eine Gefahrensituation mit kalten Belägen auftreten, dann wäre ein Hochtemperatur-Belag einfach nicht in der Lage, das Fahrzeug ausreichend zu verzögern. Nur als Beispiel: in den 60ern bei den "Shelby-Americans" (muß eine US-amerikanische Rennserie gewesen sein) haben wir deswegen keine Mustangs "GT350" oder "GT500" (diese waren mit "Raybestos M-19" Rennbremsklötzen ausgestattet) als Firmenwagen gefahren, weil unsere Frauen einfach nicht die Kraft hatten, die im Alltagsverkehr nötigen Pedalkräfte aufzubringen.

    Egal, aus welchen Materialien die Klötze gemacht sind, wenn die Bremsscheiben und -klötze nicht richtig eingebremst sind kann es zu willkürlichen Materialübertragungen und damit zu ungleichmäßigen Ablagerungen und Vibrationen beim Bremsen kommen. Ebenso kann es passieren, daß selbst wenn die Komponenten gut eingebremst wurden, sie bei hoher Temperatur oder nach einer langen Bremsung aus hoher Geschwindigkeit angepreßt bleiben wenn das Fahrzeug steht, ein exakter Abdruck des Klotzes auf der Bremsscheibe entsteht. Das sieht dann aus, als ob man den Belag mit Tinte getränkt und dann wie zum Abstempeln einer Briefmarke auf die Bremsscheibe gedrückt hätte. Man sieht dabei den genauen Umriß des Klotzes auf der Scheibe. (BILD 5)

    Aber es wird noch schlimmer. Gußeisen ist eine Legierung aus Eisen und Silikon in der sich eingelagerte Kohlenstoff-Partikel befinden. Bei höheren Temperaturen bilden sich in dem Kristallgitter Einlagerungen von Karbid. Im Fall der Bremsscheibe wird jede ungleichmäßige Ablagerung - die aus der Oberfläche heraus steht - wärmer als das Metall, das sie umgibt. Jedes Mal, wenn die vordere Kante der Ablagerung am Klotz vorbeischleift und ihn berührt steigt die Temperatur an dieser Stelle. Zwischen 1200 und 1300 Grad Fahrenheit (ca. 650 und 700°C) wandelt sich dann das Gußeisen unter dieser Ablagerung in Zementhit, ein Eisen-Karbid, bei dem drei Eisen-Atome mit einem Kohlenstoff-Atom verbunden sind. Zementhit an sich ist sehr hart und abrasiv aber auch ein schlechter Wärmeleiter. Bei sehr starker Beanspruchung wird sich dieser Prozeß immer weiter selbst unterstützen: die Menge und Tiefe des Zementhit wird immer größer je höher die Temperatur wird und somit wird auch die Bremse immer "holpriger".


    VORBEUGUNG
    Diese Dinge lassen sich nur auf eine Art und Weise vermeiden - die Einhaltung eines ordentlichen Einbremszyklus sowohl für Scheiben als auch Bremsklötze bei gleichzeitiger Verwendung des richtigen Belagstyps für Ihren Fahrstil und Ihre Fahrbedingungen. Alle Hochleistungsbremsscheiben und -klötze, die im Zubehörmarkt verkauft werden, sollten sowohl mit Einbau- als auch Einbrems-Anleitungen geliefert werden. Die Vorgehensweise ist dabei für alle Hersteller so ziemlich die gleiche: Mit Rücksicht auf die Klötze müssen die bindenden Harze relativ langsam abgebrannt werden, um Fading und ungleiche Ablagerungen zu vermeiden. Das erreicht man mit mehreren, immer stärker werdenden Bremsungen mit jeweils einer kurzen Abkühldauer dazwischen. Nach der letzten Bremsung sollte man die Bremsanlage auf Umgebungstemperatur abkühlen lassen. Eine Serie von zehn zunehmend scharfen Bremsungen von 100 auf 10 km/h mit normaler Beschleunigung dazwischen sollte für einen typischen Hochleistungs-Straßenbremsklotz geeignet sein. Man sollte während des Einbremsvorgangs das Fahrzeug nicht ganz anhalten, also überlege man sich eine Stelle, die für die eigene Sicherheit und die von anderen geeignet ist. Sollte man doch anhalten müssen, bevor das Einbremsen abgeschlossen ist, kann es zu ungleicher Übertragung von Belagsmaterial oder Abdrücken auf der Bremsscheibe kommen und genau das soll die ganze Sache ja vermeiden. Game Over.

    Um die "Stärke" der Bremsung(-en) zu spezifizieren: Typischweise werden ABS-Systeme bei Verzögerungen um 0,9g (g = 9,81m/s2) aktiv, je nach Fahrzeug. Die zum Einbremsen geeignete Verzögerung liegt bei etwa 0,7g bis 0,9g. Das entspricht einer Bremsverzögerung nahe aber doch unterhalb des Blockierens oder des Einschreitens vom ABS. Zwischen der fünften und siebten Bremsung sollten die Beläge "riechbar" sein, was jedoch bis zum letzten Mal wieder abnehmen sollte. Eine graue, pulverartige Zone wird an der Kante des Belages sichtbar sein, die mit der Bremsscheibe in Kontakt kommt. Dort und nicht an der Grundplatte verbrennen Farbe und Harze des Klotzes. Wenn diese graue Zone etwa 1/8 Zoll (ca. 3,2mm) dick wird, ist der Klotz eingefahren. Für einen typischen Rennbelag wären eher vier Bremsungen von 150 auf 10 km/h geeignet und zwei von 170 auf 10 km/h - abhängig vom Belag - um das Material auf die optimale Betriebstemperatur zu bringen. Somit kann das Material für die höhere Temperatur seine Schicht gänzlich und gleichmäßig auf der Oberfläche der Scheibe aufbauen.

    Zum Glück ist die Prozedur auch gut für die Scheiben, da auf diese Weise alle vom Gießen übrigen Spannungen abgebaut werden. (Alle Scheiben sollten spannungsarm geglüht werden als einer der letzten Herstellungs-Schritte.) Wenn möglich sollten neue Bremsscheiben mit gebrauchten Klötzen eingefahren werden, die aus der selben Mischung bestehen, aus der auch die zukünftigen Klötze gemacht sind. Wieder sollte dem System die Hitze langsam ansteigend zugeführt werden: zunehmend starke Bremsungen mit Abkühlzeiten dazwischen. Einer der Aspekte ist es, einen zu langen Kontakt von Bremsklotz und -scheibe zu vermeiden. Klötze, die auf Abnutzung ausgelegt sind und bei Hochleistungsfahrzeugen nicht eingesetzt werden sollten, können als eingefahren betrachtet werden, wenn die Reibflächen eine gleichmäßig blaue Farbe angenommen haben. Bei den Belägen aus Metall und Kohlenstoff trifft das eher zu, wenn die Reibflächen der Bremsscheibe gleichmäßig grau oder schwarz geworden sind. Auf jeden Fall sollte eine komplett eingebremste Scheibe immer gleichmäßig eingefärbt sein.

    Je nach Zusammensetzung des Reibmaterials kann es bei "schonender" Beanspruchung der Bremse durch die abrasive Wirkung der Klötze zum Abnutzen der übertragenen Schicht kommen. Wenn wir ein Fahrzeug einbremsen wollen, das eine Weile gemütlich gefahren wurde, kann man eine ungleichmäßige
    Ablagerung von Belagmaterial auf der Scheibe verhindern, in dem man eine partielle Einbremsung durchführt.

    Eine Ablagerung oder eine Schwankung der Materialstärke von 1 Hundertstel Millimeter ist für den Fahrer spürbar, bei 2,5 Hundertstel wird es lästig und darüber ist es nicht mehr auszuhalten. Wenn es dann mal Ablagerungen gibt, dadurch daß es isolierte Stellen gibt, die aus der Oberfläche der Bremsscheibe herausragen und die wesentlich heißer als ihre Umgebung werden, bildet sich garantiert Zementhit und damit verändern sich die Abnutzungseigenschaften an diesen Stellen. Das wiederum hat immer stärkere Schwankungen der Bremsscheibendicke und der Oberflächenrauhigkeit zur Folge.
    Lassen Sie nie Ihren Fuß auf dem Bremspedal nach einer starken Bremsung, abgesehen von einer ordentlichen Einbremsung wie oben beschrieben. Im normalen Straßenverkehr stellt das kaum ein Problem dar weil hier die Bremsen Zeit haben abzukühlen, bevor das Fahrzeug angehalten wird. (Es sei denn, man lebt wie der Autor am Fuß einer langen, steilen Bergstraße.) Darauf kommt es bei jeder Art von Rennsport an, auch beim Autocross. Wenn die Klötze auf eine heiße, still stehende Bremsscheibe gepreßt werden, wird es immer zu Materialübertragung und einer spürbar "rauen Bremse" kommen, egal aus welchen Material die Reibflächen der Bremsklötze gemacht sind. Und, was noch schlimmer ist: der Klotz hinterläßt seinen Abdruck oder Umriß auf der Bremsscheibe und Ihre Sünde wird für alle Welt sichtbar sein.

    Die offensichtliche Frage lautet nun: "Gibt es eine "Heilung" für Bremsscheiben mit ungleichmäßigen Materialablagerungen?" Die Antwort ist ein eingeschränktes "Ja". Wenn die Vibrationen gerade erst angefangen haben könnte es ein, daß die Temperatur, bei der sich das Zementhit bildet, noch gar nicht erreicht wurde. In diesem Fall kann man das Bremssystem ganz einfach wieder herstellen, indem man einen Satz gute, halbmetallische Klötze einbaut und diese (wenn sie eingefahren sind) richtig beansprucht. So lassen sich Ablagerungen entfernen und man hat etwas bessere Beläge. Solange nur eine kleine Menge Material übertragen wurde, z.B. wenn die Vibrationen gerade erst anfangen, kann man unter Umständen die Ablagerungen durch energisches Scheuern mit Löschpapier entfernen. Da diese Ablagerungen häufig für unsere Augen nicht sichtbar sind, muß die ganze Reibfläche gewissenhaft behandelt werden. Normales Schleifpapier oder Schmirgelleinen sollten vermieden werden, da die Bestandteile an Aluminiumoxid in die Oberfläche des Gußeisens eindringen und die Zustände verschlechtern würden. Aus dem gleichen Grund sollten die Scheiben auch nicht sandgestrahlt werden.

    Die einzige Möglichkeit, ungleichmäßige Ablagerungen loszuwerden besteht darin, die Scheiben auszubauen und sie ab-hohnen zu lassen. Das ist weniger teuer als vielmehr umständlich. Eine frisch gehohnte Bremsscheibe sollte auf die gleiche Weise eingefahren werden wie eine fabrikneue. Die Schwierigkeit bei dieser Strategie: sollte es durch das Abschleifen nicht gelingen, alle Zementhit-Einschlüsse zu entfernen, dann würde der ganze Prozeß der Temperatur-Spirale von vorne beginnen, weil durch das Abnutzen des relativ weichen Gußeisens der Scheibe die sehr harten Zementhiteinlagerungen wieder aus der Oberfläche herausstehen würden. Leider ist der Zementhit für das bloße Auge nicht sichtbar.
    Wer sich die Zeit nimmt, seine Bremsanlage richtig einzufahren, wird dadurch reichlich belohnt. Aber wie das bei den meisten Sünden der Fall ist, fangen die Probleme genau dann wieder an, wenn man den ursprünglichen Fehler aufs Neue macht.


    MYTH # 2 - RACING BRAKE DISCS ARE MADE FROM STEEL MYTHOS NUMMER 2: RENN-BREMSSCHEIBEN WERDEN AUS STAHL GEFERTIGT.
    Um einen Moment abzuschweifen: "Bremsscheiben aus Stahl" sind ein falscher Begriff, der gerne von Leuten benutzt wird, die es eigentlich besser wissen sollten. Dazu zählen TV-Kommentatoren ebenso wie befragte Rennfahrer. Abgesehen von einigen Motorrädern und Gokarts (sowie einigen Supersportwagen wie dem Porsche 996 Turbo, Anmerkung des Übersetzers) werden alle "eisenhaltigen" Bremsscheiben aus Gußeisen hergestellt - ein hervorragend dafür geeignetes Material. Stahl weist zwar eine bedeutend höhere Zähigkeit auf, dafür ist Gußeisen um ein vielfaches härter als es für Bremsscheiben eigentlich nötig wäre. Seine Wärmeleitfähigkeit ist erheblich besser als die von Stahl, so daß die beim Bremsen entstehende Reibwärme sehr wirkungsvoll von den äußeren Reibflächen in Richtung Innenseite der Scheibe und damit zu den Kühlrippen abgeleitet und damit an die umgebene Luft abgegeben wird. Teile aus Gußeisen sind bei hohen Temperaturen dimensions-stabiler und leiten die Wärme besser als Stahl. Unterlassen Sie also bitte das Gerede von "stählernen" Bremsscheiben.

    MYTHOS NUMMER 3: WENN DAS BREMSPEDAL NACHGIBT, DANN LIEGT DAS AM FADING DES BREMSKLOTZES ODER -BELAGES.
    Das uns allen bekannte "einfallende Bremspedal" tritt als Folge von Überhitzung der Bremsflüssigkeit und nicht der Beläge auf. Wiederholte starke Beanspruchung der Bremsen kann zu Bremsfading führen, wobei man zwei Varianten unterscheiden muß:

    A) Wenn die zwischen Bremsklotz und -scheibe entstehende Temperatur die Wärmekapazität des Reibbelages überschreitet verliert dieser seine Reibeigenschaften. Das liegt hauptsächlich am Ausgasen der Klebstoffe des Belagmaterials. Das Bremspedal gibt nicht nach, das Auto wird aber auch nicht langsamer. Als erste Vorwarnung sollte ein eigenartiger und unangenehmer Geruch genügen, damit man es etwas gemächlicher angehen läßt.

    B) Wenn die Bremsflüssigkeit in den Zylindern siedet, bilden sich Gasblasen. Das Bremspedal wird einfallen, weil sich das Gas beim Druck auf das Pedal komprimiert. Möglicherweise läßt sich das Auto mittels Pumpen der Bremse zum Stehen bringen aber dosieren läßt sich die Bremse nicht mehr. Dabei handelt es sich um einen langsamen Prozeß mit viel Vorwarnung.

    MYTHOS NUMMER 4: GESIEDETE BREMSFLÜSSIGKEIT VERHÄLT SICH GANZ NORMAL NACH DEM ABKÜHLEN.
    Eine einmalig gesiedete Flüssigkeit in den Bremszylindern hat einen erheblichen Anteil ihres ursprünglichen Siedepunktes eingebüßt und sollte ersetzt werden. Man muß nicht die Flüssigkeit im ganzen System auswechseln, lassen Sie nur so viel ab, bis saubere Flüssigkeit erscheint.

    MYTHOS NUMMER 5: BREMSFLÜSSIGKEITEN AUF SILIKON-BASIS EIGENEN SICH FÜR HOCHLEISTUNGSFAHRZEUGE WEIL SIE NICHT HYGROSKOPISCH (FEUCHTIGKEITS-AUFNEHMEND) SIND.
    DOT 3 und DOT 4 Bremsflüssigkeiten werden auf Ether-Basis hergestellt und sind hygroskopischer Natur, d.h. sie nehmen Wasserdampf auf. Da Bremssysteme nicht völlig luftdicht sind, kann im Laufe eines Jahres eine beachtliche Menge an Wasser aus der Umgebungsluft absorbiert werden. Drei Prozent Wasser in der Bremsflüssigkeit senken den Siedepunkt um 170°F (73°C) ab. Daher sollte das Zeug jährlich komplett ausgetauscht werden.
    DOT 5 Flüssigkeiten werden auf Silikon-Basis hergestellt, sind nicht hygroskopisch und das ist gut so. Sie schäumen aber dafür bei hoch-frequenten Schwingungen auf, was auch ein weiches Bremspedal zur Folge hat. Das mag für normale Straßenfahrzeuge in Ordnung sein (tatsächlich werden die meisten Fahrer so etwas für normal halten) aber in Situationen, wo der Fahrer die Bremskräfte auf hohem Niveau dosieren muß, kann man das nicht akzeptieren.

    MYTHOS NUMMER 6: DER BREMSFLÜSSIGKEITS-VORRAT SOLLTE BEI EINER ROUTINE-KONTROLLE AUFGEFÜLLT WERDEN.
    Bei den meisten modernen Personenautos wird der Vorratsbehälter für die Bremsflüssigkeit auf ein bestimmtes Volumen ausgelegt und mit einem Schwimmer versehen. Dieses Volumen steht im Verhältnis zu der Flüssigkeitsmenge, die von den ausgefahrenen Bremskolben benötigt wird, wenn die Klötze abgefahren sind plus eine großzügige Reserve. Wenn der Punkt des Ersetzens erreicht ist, soll der abgesunkene Schwimmer einen elektrischen Stromkreis schließen und damit erscheint eine Warnlampe im Armaturenbrett als Hinweis für den Fahrer.

    Wenn aber die Flüssigkeit zuvor aufgefüllt wurde erscheint als erstes Warnzeichen für abgenutzte Beläge das Kreischen der Grundplatten der Bremsklötze auf den Scheiben. Das ist nicht nur lästig sondern es kann auch teuer werden.


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    7er Tech Tips
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